Wochenbericht: 

Am Anfang der Woche war hier ein Photoshooting für den neuen Jahresbericht von SABS und für eine baldige Ausstellung. Da ich hier der Exot im Büro bin, war ich für die Bilder entsprechend gefragt und so werde ich voraussichtlich auch im kommenden Jahresbericht abgebildet sein.

Tai Ji

In meiner Freizeit mache ich noch vieles, was ich hier nicht weiter ausführen will. Jedoch fragte mich ein Kollege, den ich immer im Shuttlebus zur Arbeit treffe, ob ich Lust hätte, mit ihm zum Tai Ji Training zu gehen.

Als ich im Büro meinen Kollegen von meinen Plänen erzählte, wurde ich etwas belächelt, denn Tai Ji sei etwas für alte Menschen, aber ich ließ mich nicht davon abbringen.

Tai Ji ist diese "Kampfgymnastik", für die hier überall auf den Straßen und in den Parks ausgeübt wird und mich von Anfang an interessierte (Ich hatte auch vorher schon davon geschrieben).

Also trafen wir uns nach der Arbeit und nahmen einen anderen Shuttlebus, der direkt in die Innenstadt fuhr, wo ich auch das „Windows Too“ wiederfand. Hier hatte es uns am "ersten richtigen Wochenende" recht gut gefallen. Das Windows Too liegt übrigens direkt bei dem zweitgrößten Tempel in Shanghai (Jing`an-Tempel), der allerdings gerade renoviert wird.

Wir aßen noch etwas in einer Nebenstraße der Nanjing Xilu, die direkt hinter dem „People´s Park“ liegt. Hier stehen fast ausschließlich kleine Imbissstände und Garküchen. So probierte ich einen „Chinaburger“ (Fladenähnliches Brot mit etwas komischen Hack und viel „Zitronengras“ oder auch „Chinagras") und danach gab es noch Teigbällchen, die mit Fleisch und einer dickflüssigen Sauce gefüllt waren. Beides schmeckte übrigens wie erwartet sehr gut.

Dann ging es zum Tai Ji und ich ließ mir sagen, dass es die einzige richtige Tai Ji Schule in Shanghai sei.

Der Eingang der Schule ist zwischen zwei größeren Hauseingängen versteckt und man muß durch ein kleines, verwinkeltes Gebäude, um in den Trainingsraum zu gelangen.

Es waren bereits einige Schüler gemischten Alters im Raum und ich wurde vom Lehrer auf Chinesisch begrüßt.

Bereits bei den Aufwärmübungen wurde mir klar, dass selbst die Damen und Herren älteren Semesters deutlich beweglicher sind als ich.

Es folgen zwei Stunden Tai Ji mit vielen Erklärungen auf Chinesisch, die ich abgesehen von den Zahlen und einzelnen Worten leider nicht verstand.

Die Übungen an sich waren recht anstrengend und man musste sich sehr konzentrieren, um sie korrekt ausführen zu können. Selbst einzelne Finger wurden nach einer Vorgabe gehalten und so ähnelte die erste Stunde eher einem Ballettunterricht. Bei den Übungen knackten viele Wirbel und Gelenke, auch die Armmuskulatur wurde von den langsamen Bewegungen beansprucht. Die Atmung ist ebenfalls sehr wichtig. Es gibt bestimmte Bewegungen, die zu Bewegungseinheiten zusammengefasst sind und dann wie eine Koreografie ausgeführt werden. Ich ließ mir sagen, dass die Bewegungen allerdings nicht so sehr der körperlichen Ertüchtigung, sondern viel mehr der Entspannung, dem Finden des „Gleichgewichts“ und vor allem der Gesundheit dienen.

Nachdem man die Grundübungen gelernt hat, kann einem kein Lehrer sagen, wie man die Übungen richtig ausführt, sondern man muß sich auf die Suche nach den für einen selbst richtigen Bewegungen machen.

Nils interessierte sich ebenfalls für Tai Ji und so werden wir voraussichtlich am kommenden Dienstag gemeinsam zum Unterricht gehen. Der Kurs geht dann über 3 Monate und wir haben 2 mal wöchentlich Unterricht. Die Kosten belaufen sich dann auf umgerechnet ca. 15 Euro pro Monat.

Weiteres:

Dann veranstalteten wir in einer kleinen Pause "heiteres Musikraten" und der Großteil der westlichen Musik war hier praktisch unbekannt. 

"Greensleeves" wurde zuvor gewünscht und die Titelmelodie zu "The Flinstones" kam einem Kollegen irgendwie bekannt vor. Eigentlich weltbekannte Titel wie : Oh Freude schöner Götterfunken, Für Elise, Eine kleine Nachtmusik, Angie, einige Beatles Songs oder auch Filmtitel wie: Star Wars, Star Trek, Indiana Jones, Simpsons, Der Pate, Rocky oder sogar James Bond waren einigen schlichtweg unbekannt. Jedoch sind Michael Jackson, Mariah Carey, Celine Dion und die Backstreet Boys bekannt und beliebt. In der Kantine wird fast ausschließlich Celine Dion, Howard Carpendale und ähnliches gespielt, wenn mal gerade nicht der Fernseher läuft.

Allerdings erkannte ich auch keinen einzigen chinesischen Titel.

Dann fällt uns im TV immer mehr diese parteiverherrlichenden Sendungen und diese permanente Werbung für China auf. Es werden fast ausschließlich Lieder wie : "Das Rot des Glücks", "Roter Frühling" und ähnliche Lieder mit sehr "roten" Videos gezeigt, die sich zwar recht poppig anhören, denen jedoch auch (wenn auch mit Keyboards) klassische chinesische Instrumente eingebunden sind.

Die Texte werden übrigens auf Chinesisch und auf Englisch eingeblendet, was die Botschaft unmißverständlich macht.

Inzwischen habe ich schon einen Ohrwurm von dem Lied "Frühling in Rot"!

Teletubbies sind hier genauso bescheuert wie in Deutschland, sie heben sich jedoch nicht so sehr von dem übrigen Programm ab und fallen deshalb weniger negativ auf. Eigentlich sollten wir uns einmal einen Videorekorder ausleihen, um Stefan Raab ein paar Mitschnitte zu liefern, denn mit dem Material eines Tages könnte man sicherlich eine ganze Staffel von "TV-Total" füllen.

Zum Glück ist eine Kauf DVD günstiger als ein Ausleihvideo für einen Tag in Deutschland.

Allerdings gibt es auch sonst genug zu tun und zu erleben.

Ein Kollege bemüht sich außerdem um Karten zu "Cats", was bald hier in Shanghai aufgeführt wird.

Des Weiteren fällt mir auf, daß ich meist der einzige bin, der das Kantinenessen vollständig aufißt. (Hier gelten nicht die Höflichkeitsformen, die bereits in einen Bericht beschrieben hatte.) Mir schmeckt es allerdings auch sehr gut. Ich wäre lediglich für eine zumindest einmalig andere Beilage als Reis dankbar, denn Reis gibt es nicht nur mittags in der Kantine, sondern auch abends in der Mensa. (Ja, Immer!)

Gestern Abend kam ich nach dem Tai Ji später nach Hause und so sah ich, daß auf dem Bürgersteig vor einem Restaurant ca. 8 Kellnerinnen wie beim Militär in Reih und Glied standen, um von der Chefin zurechtgewiesen zu werden. 

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