18.05.03-25.05.03

SARS

Falls sich jemand für die aktuelle Situation speziell in Shanghai interessiert, sollte er die Seite der Deutschen Schule Shanghai besuchen. Hier gibt es eine Zusammenfassung der Erlasse der Stadt Shanghai, Tipps, aktuelle Infektionszahlen und viele weitere Infos zum Thema SARS.

 

Die Woche

In dieser Woche wurde offiziell unser neues Firmengelände eingeweiht.

Hierbei stellten sich die Mitarbeiter in Reihen auf und hörten sich die Reden des Generalmanagers und des Parteichefs an. Die Flaggen Deutschlands und Chinas wurden mit den entsprechenden Nationalhymnen (in erstaunlich schlechter Tonqualität) gehisst und bei der Firmenflagge wurde ein Marsch gespielt, den ich nicht kenne.

Es wurde erklärt, daß die große Einweihungsfeier mit mehr als 300 Gästen aus dem In- und Ausland wegen SARS nicht stattfinden durfte, daß jedoch eine Feier nachgeholt wird.

Es wurde jeweils sehr verhalten geklatscht und während der Reden unterhielten sich einige meiner Kollegen einfach weiter.

Ansonsten erledigte ich bei der Arbeit kleinere Aufgaben, da dringend benötigte Bauteile noch immer nicht geliefert wurden. Hoffentlich bekomme ich die am Anfang der kommenden Woche.

Am Freitag fuhren mein Chef und ich mit einem Prototyp eines chinesischen Autofabrikanten, der ähnlich wie der letzte Opel Corsa aussieht, in das staatliche EMV-Versuchslabor und wir lieferten die bisher entwickelten Bauteile bei den zuständigen Versuchsingenieuren ab.

Von mir war eine komplette Eigenentwicklung für das Testen von Passivsensoren dabei und außerdem hatte ich bei einigen Kabelgeschirren und anderen kleinen Bauteilen geholfen. Mein Chef wird in der kommenden Woche diese Tests begleiten, ansonsten ist alles nun in den Händen der zuständigen Testingenieure.

Die Testapparaturen waren übrigens fast ausschließlich von "Rhode & Schwarz" und auch sonst war annähernd die gesamte Einrichtung aus Deutschland.

Das Testlabor ist wirklich gigantisch. Es gibt zwei Kammern, in die ganze Autos hineinpassen, und die größere von beiden hat in der Mitte einen Drehteller von sechs Metern Durchmesser, der immerhin acht Tonnen tragen kann.

Neben diesen zwei großen Kammern gibt es noch einige weitere kleinere Kammern, in denen andere Sachen getestet wurden, aber weitere Erläuterungen will ich den Lesern hier ersparen.

Ich ärgere mich sehr, daß ich an diesem Tag meine Kamera nicht dabei hatte. Vielleicht ergibt sich aber noch einmal die Situation, daß ich Versuche begleiten darf.

Die Kamera habe ich auch auf dem Rückweg vermißt, denn den habe ich mit verschiedenen Bussen angetreten. Problematisch war, daß ich keine Ahnung hatte, wo ich war. So stieg ich in den ersten Bus, der in die Himmelsrichtung des Stadtzentrums fuhr, und mit meinem gebrochenen Chinesisch konnte ich mich halbwegs verständlich machen. Der halbe Bus hatte nun größtes Interesse, mir zu helfen. Alle auf einmal. Anscheinend wollte jeder mit mir reden und so standen ältere Herren auf, um mir bei ihnen einen Sitzplatz zu geben. Es wurde heiß diskutiert, mit welchem Bus ich am besten nach Hause komme, aber am Ende hörte ich auf die Busschaffnerin, die sich die ganze Zeit um die weiteren Fahrgäste kümmern mußte und nicht durch die Diskussionen verwirrt war.

Das Wochenende

Am Freitag schauten wir "Die Matrix 2" auf DVD. (Ist der Film eigentlich schon in den deutschen Kinos angelaufen?) Die Qualität war O.K., der Untertitel von irgendeinem anderen Film und das "Making Of" war von einem niederländischen Sender mit niederländischem Untertitel aufgenommen worden. 

Am Samstag gingen wir zunächst zum People´s Park, um danach auf einen kleinen Markt zu gehen.

Auf diesem Markt wurden vor allem kleine Tiere angeboten. Dieses mal waren sie jedoch nicht zum Verzehr, sondern als Haustiere ausgestellt.

Wir sahen viele verschiedene Schildkröten, kleine Vögel, Fische und am seltsamsten fand ich die riesigen Grillen, die richtig viel Lärm gemacht haben.

In der freien Natur hört man sie zwar immer, aber hier wurden die daumengroßen Tiere in winzigen Käfigen angeboten.

Sie wurden nicht zum Anschauen, sondern zum Anhören gekauft.

Als wir den Markt verließen, machte ich noch dieses Foto, da ich zeigen wollte, wie dicht alte chinesische Häuser neben den modernen Hochhäusern stehen. Ich machte dieses Foto nicht in einem Neubauviertel, sondern mitten im Stadtzentrum, keine 200 Meter vom People´s Square entfernt. Diese kleinen Häuser sind keineswegs nur Ruinen, sondern sie werden noch immer von ganzen Familien bewohnt. Der Innenhof sah aus wie ein kleiner Bauernhof und ich hätte mich nicht gewundert, wenn ich hier auch Hühner oder vielleicht ein Schwein gesehen hätte.

Abends gingen wir zunächst ins "The Face", einer Edelbar, die nur wenige Straßen von unserer Wohnung entfernt ist.

 

 

 

 

Auf dem Weg dorthin fotografierte ich noch diese Autos, die unter der Stadtautobahn vor der Universität stehen. Ein Auto hatte einen platten Reifen, ansonsten machten sie einen fahrfertigen Eindruck. Über die Standzeit kann man nur spekulieren, aber diese Autos sind vor allem für China sehr modern und sicherlich auch dementsprechend wertvoll.

Mir war bisher immer aufgefallen, daß man beim Radfahren sehr viel Staub und Kleinteile in die Augen bekommt. 

Wahrscheinlich liegt es daran, daß wirklich an jeder Ecke gebaut wird.

Das "The Face" ist eine Bar, in der vor allem Nichtasiaten einen Drink nehmen. Das Ambiente ist sehr angenehm und auch hier kann man ausgiebige Gesellschaftsstudien unternehmen. So waren hier viele Engländer mit Rugbyshirts,  Leute mit edlen Hemden und einige trugen sogar feine Anzüge. Gelegentlich hatten wir Zigarrengeruch in der Nase und die beliebteste Männerfrisur war eine Vin Diesel-Glatze. Dies war der Ort, zu dem die tollen, erfolgreichen Dauergäste gehen, um gesehen zu werden.

Einen absolut miserablen Cocktail probierte ich von Constanze, der Wein war ebenfalls schlecht und so tranken wir wieder etwas Bier.

Die Musik war sehr gut, jedoch draußen etwas übersteuert und deshalb verzerrt.

Wir beobachteten außerdem, daß gelegentlich zwei Mädchen vorbeikamen, die gezielt Männer ansprachen. Sie betraten nie die Bar, sondern hielten sich lediglich im Garten auf.

Alles in allem ist diese Bar einen weiteren Besuch wert, Dauergast werde ich hier jedoch sicherlich nicht.

Etwas später verabschiedeten wir uns von den Mädels und so gingen Nils und ich eine Straße weiter in die berüchtigte Maoming Lu, in der wir in dem ersten Monat an fast jedem Wochenende waren.

Auf der Straße stauten sich die Taxen, dabei waren die Bars in dieser Straße ein paar Wochen wegen SARS geschlossen gewesen. Es schien, die Leute wollten die verpaßten Parties an einem Wochenende nachholen. Einige Bars und Clubs waren noch immer geschlossen, beziehungsweise leer, andere waren jedoch absolut überfüllt. Die Buddha Bar war fast leer, wobei das Amber total überfüllt war und die Leute schon auf der Straße standen. Damit waren meine Favoriten ausgeschieden und so gingen wir ins "Judys Two". Die Musik war für diesen Laden halbwegs erträglich und so tanzte ich nach der langen Enthaltsamkeit ein wenig.

 

Ich bemerkte beim Tanzen und auch bei den Tanzpausen ein recht hübsches, eher schüchternes Mädchen, das mal tanzte und dann irgendwann neben mir stand. So unterhielten wir uns ein wenig, so weit es ging, denn sie sprach nicht mal so gut englisch, wie ich chinesisch, was mich sehr überraschte, denn sie sah absolut nicht asiatisch aus. Ich hätte sie mit ihren blonden Haaren und dem Gesichtsausdruck eher für eine Holländerin gehalten. Sie stellte sich als "Lisa" vor und ich sah nur einmal, daß sie sich kurz mit einem anderen Mann unterhielt. Als ich sie nach einer Weile fragte, was sie eigentlich macht, blickte sie mir mit einem Hundeblick in die Augen und antwortete: "thousand chinese money!". Nun war klar, was sie vorhatte, aber diese Antwort hätte ich niemals erwartet. Da ich in Hamburg gerade einmal 50 Meter von der Herbertstraße, der berühmtesten Sperrstraße Deutschlands, entfernt und sogar über einem Bordell wohne und fast jeden Tag direkt bei den professionellen Damen entlanglaufe, war ich einiges gewohnt. Jedoch kann man bei den Damen direkt erkennen, was sie vorhaben. Auch in der Maoming Lu stehen viele Professionelle, jedoch sieht man das bei denen auf dem ersten Blick. Auch in dem Club handelte ein dickbäuchiger Beamtentyp lauthals mit einer um den Preis, aber auch bei ihr war es offensichtlich. Unsicher, schüchtern und vor allem so zurückhaltend war von den Damen bisher keine. So leid sie mir auch tat und so stark meine Bedürfnisse nach etwas "Romantik" sein mögen, so etwas mache ich nicht. Danach folgte eine kurze und sehr seltsame Unterhaltung, bis Nils und ich nach Hause gingen. 

Am Sonntagabend trafen wir uns zu einer Hafenrundfahrt. 

Der Shanghaier Hafen ist nicht wie in Hamburg in viele Kanäle unterteilt, sondern hier legen die Schiffe direkt auf diesem Fluß an. Auch die Schiffe hier sind zwar schon groß, aber noch immer deutlich kleiner als die Schiffe, die in Hamburg anlegen. Im Städtebaumuseum habe ich allerdings gesehen, daß es hier in Shanghai noch andere Häfen gibt, die weiter ausgelagert sind. Der Huangpu transportiert viel Sand und somit dürfte es für große Seeschiffe kaum möglich sein, diesen Fluß bis nach Shanghai hineinzufahren. Am beeindruckendsten war der Ausblick auf Pudong, den man jedoch auch vom Bund aus genießen kann.

Hier sieht man im Hintergrund den Bund und rechts ist der Platz der Helden.

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