Religion und die Partei

Über die Religion in China zu schreiben ist aus verschiedenen Gründen recht schwierig.

Zum einen ist es immer schwer, Gespräche über die Religion zu führen und deshalb werde ich diese Seite bei weiteren Erkenntnissen aktualisieren.

Zum anderen steht die Religion in China nicht so sehr im Vordergrund wie in christlichen oder muslimischen Staaten, was wiederum verschiedene Gründe hat.

In der alten Zeit war Taoismus sehr verbreitet, bis der Buddhismus über die Seidenstraße nach China kam. Auf diesem Weg wurde diese Religion jedoch sehr verändert. (Konfuzianismus ist entgegen vieler Spekulationen keine Religion, sondern lediglich eine Philosophie.)

In dem Bericht über die Geschichte Chinas hatte ich bereits geschrieben, daß nicht zuletzt bei der Kulturrevolution die Religionen von der Partei zurückgedrängt wurde und daß die Partei dessen Stelle einnehmen sollte, was letztens bei einem Gespräch auch bestätigt wurde. Als ich fragte, ob jemand Buddhist, Taoist oder Christ sei, bekam ich "Kommunist" als Antwort. Was mich zunächst schockte, ist in China auch irgendwie nachvollziehbar. Im alten China war der jeweilige Kaiser das Bindeglied zwischen den Menschen und den Göttern, wobei der Kaiser sogar die Macht hatte, Götter zu "degradieren" oder zu "befördern", je nachdem, welche Dienste dieser Gott dem Land geleistet hatte. Mit dem Ende der Dynastien (1911) ist dieses Bindeglied weggefallen. Ansonsten werden die Religionen eher wie eine Philosophie gelebt. Gottesdienste wie bei uns gibt es hier in diesem Sinne nicht und wenn man einen Wunsch hat, geht man zu einem Tempel des entsprechenden Buddha, betet einmal dafür, dann noch einmal, wenn der Wunsch in Erfüllung gegangen ist und das war´s. Richtig, in China gibt es nicht einen Buddha (Sidharta, der nach der Erleuchtung zum Buddha wurde) sondern die alten Gottheiten wurden auf viele Buddhafiguren übertragen. Am bekanntesten ist neben dem "Urbuddha" der dickbäuchige Freudenbuddha. In ganz Shanghai gibt es neben den Kirchen nur 3 nennenswerte Tempel, die auf mich bisher eher wie Touristenfallen wirken. (Shanghai hat bekannterweise rund 17 Millionen Einwohner, also gäbe es verhältnismäßig für Berlin und Hamburg zusammen gerade einmal einen Tempel). Die eigentlichen Tempel sind über das Land verstreut und stehen dort, wo entweder die Menschen gewirkt hatten, die zum Buddha erhoben wurden, oder wo eben irgend jemand einen Tempel für einen bestimmten Buddha für richtig hielt.

Meistens wird für Geld und Wohlstand gebetet und dazu werde ich zwei Berichte später noch etwas schreiben.

Es wird auch für die Verstorbenen gebetet und geopfert. Hier gehen Religionszweige auseinander, denn einige glauben fest an die Wiedergeburt, während andere daran glauben, daß Tote zu Geistern werden, die weiterhin auf das wirkliche Leben Einfluß haben.

Buddhastatuen und andere "Religionsartikel" gib es wie auf dem Flohmarkt für Touristen als Dekoration. Geweiht wird hier aber anscheinend nichts.

Als Staatsreligion kann man deshalb wirklich auch den Kommunismus bezeichnen.

Vorurteile sind hier allerdings ebensowenig angebracht, da die Gesamtsituation in China deutlich anders ist als in jedem anderen Land der Erde. "OK, wir veranstalten am kommenden Sonntag Neuwahlen, aber wer zählt die 1,3 Milliarden Stimmzettel aus?" Dabei haben sehr viele Chinesen keinen Fernseher, geschweige denn Strom und nur selten eine Zeitung zur Hand. Ebenfalls ist für "Wessis" kaum zu glauben, daß anscheinend viele Chinesen mit dem letzten Kurs der Partei sehr zufrieden sind. Das seit 10 Jahren traumhafte Wirtschaftswachstum spricht hier für sich. Natürlich war die Startsituation nach der Kulturrevolution und den Fehlplanungen nicht mit dem Westen vergleichbar. Das Land wird für den Westen geöffnet und in den Bereichen der Großstädten gibt es bereits so etwas wie Wohlstand. Wie es auf dem Land aussieht, weiß ich noch nicht aus eigener Erfahrung, ich werde es aber herausfinden. Auf Kommentare meinerseits, die diese Staatsform in Frage stellen, wurde meist geantwortet, daß es den Menschen doch gut gehe.

Hier kann mann jedoch auch wieder auf die Tradition verweisen, denn Volksvertreter werden weniger als wirklich Volksvertreter, sondern als Volksväter gesehen. Das Volk ist eine große Familie und der "Chef" ist eben das höchste Familienmitglied. Als Mao starb, hat ganz China geweint. Und das kann man durchaus wörtlich sehen, denn für die Menschen ist der Vater gestorben. Geweint haben hierbei sogar nicht nur die richtigen Anhänger, sondern auch Kritiker.

Einige mögen sich vielleicht an den Tod des Präsidenten von Nordkorea vor etlichen Jahren erinnern, als wirklich alle Leute auf der Straße bitterlich geweint haben. Ich ließ mir erklären, daß das nicht gespielt war, sondern wirklich tief so empfunden wurde und es in China genauso sei.

Traditionell gilt in China ein "Sozialrecht". Das Individualrecht bleibt bei diesen Menschenmassen jedoch komplett auf der Strecke, was sich auch bei den Menschenrechtsstreitereien wiederspiegelt. Was dem Wohle der Allgemeinheit dient, kann dann in China auch mal des einzelnen Existenz kosten. (Ich erinnere mich an die Begegnung im Fuxing Park)

Und tatsächlich wird die KP und dementsprechend die chinesische Regierung von vielen unterstützt und befürwortet, mit denen ich hier gesprochen habe.

Natürlich gab es auch viele kritische Töne. Diese beschränkten sich im allgemeinen auf die nicht vorhandene Informationsvielfalt und Korruption.

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