Die Sprache

Selbst wildfremde Leute versuchen, mit mir Gespräche anzufangen, die gelegentlich recht anstrengend sein können, da nicht jeder gut Deutsch oder Englisch spricht und mein Chinesisch noch lange nicht so weit ist, daß ich damit auch nur ansatzweise ein Gespräch führen könnte. Interessant sind die Gespräche eigentlich immer, aber wenig effektiv, wenn man bedenkt, daß man schnell für zwei Sätze zwanzig Minuten braucht und am Ende noch immer nicht weiß, was wer eigentlich möchte.

Die meisten Chinesen hier in Shanghai sprechen ein zur Verständigung ausreichendes Englisch, einige auch Deutsch, jedoch habe ich mir zum Ziel gesetzt, am Ende des Praktikums einfache Gespräche führen zu können und nahezu verbittert halte ich an diesem Ziel fest.

Wenn ich mir vorstelle, daß ich nach der gleichen effektiven Lernzeit wahrscheinlich kleinere Verhandlungen auf Spanisch führen könnte (zumindest, was die Verständigung angeht) und ich auf Chinesisch gerade mal ein paar Kleinigkeiten kann, wie mich mit dem Taxi nach Hause bringen zu lassen, etwas zu handeln und dann noch die Höflichkeitsformen und Grüße drauf habe, könnte mir glatt schlecht werden.

Die chinesische Sprache ist übrigens regional sehr unterschiedlich, jedoch wurde vor einigen Jahrzehnten überall das "Mandarin", das Beamtenchinesisch eingeführt.

Früher konnten Chinesen aus zwei benachbarten Provinzen nicht miteinander sprechen, jedoch konnten sie sich über die Schrift verständigen.

Die Chinesische Schrift ist seit den 60ern in einer vereinfachten "Kurzschreibweise" als Putonghua", das Allgemeinchinesisch, überall vereinheitlicht. Dazu wurde noch das "Pinyn", die sogenannte Lautschrift eingeführt, die der Lateinischen Schrift sehr ähnelt und nur einige zusätzliche Laute beinhaltet.

Fast jede Silbe hat ihre feste Bedeutung. Bei etwas mehr als 400 Silben und den vier Tönen plus die unbetonte Aussprache ergibt dieses einen riesigen Wortschatz.

Diese Töne machen mich fast irre. Einen Satz, der Wort für Wort lediglich ohne die Betonungen ausgesprochen wird, ist nicht zu verstehen und falls doch, kann er eine absolut andere Aussage haben.

Das hat zur Folge, daß die Worte, die man sich auch so schon kaum merken kann auch noch unbedingt richtig ausgesprochen werden müssen, um sich verständlich zu machen.

Jan H. meinte, daß man einige Betonungen verschlucken kann, solange man einige korrekt betont und nur schnell genug spricht und er scheint damit Recht zu haben, was ich aber noch nicht nachprüfen konnte. 

(Nebenbei bemerkt, die Tonalitäten sind im Merian ebenfalls nicht vermerkt, was eine jede Kommunikation mit Hilfe dieses Buches fast unmöglich macht.)

Die Grammatik ist allerdings sehr einfach. Höflichkeitsformen werden praktisch nicht gebraucht, man benutzt viel mehr freundliche Worte.

Die Satzstruktur ist ebenfalls sehr einfach und wenn man in einer anderen Zeit spricht, so fügt man einfach einen Tag wie gestern oder ein "Bald" ein.

"Dort liegt die Kantine, wo ich morgen essen werde" wird wörtlich folgendermaßen übersetzt: 

"Ich morgig-Tag essen früh-Reis Speise-Saal sein dort"

Ansonsten wird auch vieles mit Bildern beschrieben. Hell heißt: "Mond und Sonne", was einfach bedeutet, daß es hell sein muß, wenn die Sonne und der Mond am Himmel stehen.

Das Zeichen für Mann setzt sich aus "Feld" und "Kraft" zusammen, was bedeutet, daß er auf dem Feld arbeitet.

Generell ist der Mann rechts, trocken, gut und die Frau links, feucht, schlecht.

Der Mond ist die Frau, die Sonne der Mann. Jetzt kann man denken, daß die Welt ohne die Frauen besser wäre, aber da ist wieder Ying und Yang, denn ohne das eine kann das andere nicht leben.

Etwas von einem ist ebenfalls immer im anderen.

Bei den Wochentagen werden die Tage mit dem Zusatz "Sternenzeit" durchgezählt. Montag ist z.B "Sternenzeit Eins" und so weiter. Gleiches gilt bei den Monaten, wobei der Januar im eigentlichen Chinesischen Kalender irgendwann im Februar anfängt.

Die Namen

Auf die Namen bin ich ja bereits eingegangen, aber hier sind Namen wirklich ein Thema für sich.

Der Nachname steht vor dem Vornamen und besteht (fast) immer aus nur einer Silbe. Der Vorname wird nur von den allerbesten Freunden und der Familie benutzt und deshalb ruft man auch jemanden mit seinem Nachnamen und wenn vorhanden auch mit dem Titel, der dem Nachnamen, der ja vorne steht, nachgestellt wird. Laut dem Chinalexikon werden stattdessen "Geistnamen" wie "Maus", "Ratte", "Dreck" und so weiter vergeben, die nicht böse, sondern ausschließlich gut gemeint sind, da einen so die bösen Geister nicht finden. Allerdings muß ich sagen, daß ich keinen "Geistnamen" kenne und sich bisher alle mit dem Nachnamen oder einem "englischen" oder "deutschen" Namen angesprochen habe.

Da viele einen englischen oder deutschen Namen haben, haben sich meine Kollegen einen chinesischen Namen für mich ausgedacht.

Zunächst hieß ich " xiao jan", was so etwas wie "der kleine Jan" heißt, da ein weiterer Mitarbeiter und mir vorgesetzter ähnlich wie ich heißt.

Inzwischen habe ich allerdings einen richtigen, Chinesischen Namen: Wei Yang (Wei wird tonlos und das a in Yang im dritten Ton ausgesprochen). Wei war eine alte, sehr große chinesische Provinz und yang bedeutet etwas wie "aufsteigen". Insgesamt bedeutet es etwas wie "der große Aufsteigende". Die Namenssuche hat recht lange gedauert und ich empfinde es als Ehre, diesen Namen bekommen zu haben.

Es gibt zwei Wege, einen "chinesischen Namen" zu bekommen. Einmal werden einfach die Silben auseinander genommen und in chinesische Silben umgewandelt oder es wird ein Name zusammengebastelt, der typisch chinesisch ist, aber doch nach dem wirklichen Namen klingt. Hierbei werden Eigenschaften und die Persönlichkeit berücksichtigt, was bei der ersten Möglichkeit, der Silbengewinnung gut in die sprichwörtliche Hose gehen kann.

In China sagt man übrigens niemals "Tschüss", da es etwas wie "Hau ab und Stirb", wenn nicht sogar etwas noch schlimmeres heißt. (Naja, die richtige Betonung wird man aber sowieso nie treffen.)

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